Tany Nah

Tanynah saß im Schneidersitz auf ihrem Bett und betrachtete ihr Gesicht in einem kleinen Spiegel, den sie aus den Kisten im Keller stibitzt hatte. Sicher würde sie dafür keinen Ärger kriegen – würde ja noch nicht mal jemandem auffallen so sehr wie alle diese Kisten verabscheuten. Sie strich sich die Haare hinter die Ohren und versuchte ihr Spiegelbild anzulächeln. Langsam fuhren ihre Fingerspitzen über die Narbe, welche von ihrer rechten Augenbraue schräg nach unten bis hin zum linken Kiefer führte. Nie werde ich so hübsch sein wie Lord Raluka oder die Lady gestern…..

***

„Wenn Ihr Eure Sklaven nicht unter Kontrolle habt, mein Lord, dann erwarte ich nicht, dass Sie auch nur ansatzweise unsere Gegner unter Kontrolle bringen können. Damit ist unser Vertrag geplatzt.“

Die Robe raschelte als die Person aus dem Raum schritt. Hässliche dunkle Rotweinflecken prangten auf dem teuren Stoff und auf dem Teppich, auf dem die Person vorher gestanden hatte.

Sie konnte fast spüren wie der Zorn in ihrem Herrn heran schwoll. Hektisch sah sie sich nach Fluchtmöglichkeiten um, sich bewusst seiend, dass Flucht keine Option war. Er würde sie eh finden.

„Du unfähiges Miststück!“
Eine unsichtbare Hand packte sie am Hals, schnürte ihr rabiat die Luft ab und zog sie zu ihrem Herren. Sie stolperte gurgelnd und zitternd in seine Richtung, dann plötzlich wurde sie zu Boden gedrückt, ihre Wange hart auf den Fleck gepresst, den sie zuvor aus Tollpatschigkeit auf dem Teppich fabriziert hatte.
„Zum Glück hab ich nichts für Dich bezahlt. Deine Mutter war nur allzu glücklich Dich an mich zu verschachern.“

Das stimmte einfach nicht. Das konnte einfach nicht stimmen. Er hatte ihre Mutter umgebracht.

„Oh doch, Miststück, das ist die Wahrheit. Schmerzt es diese Wahrheit zu hören?“ Ihr Kopf wurde noch härter gegen den Boden gedrückt, die Reste des Weines brannten ihr in den Augen.

Woher weiß er was ich denke? Sie begann noch mehr zu zittern.

„Ich bin Sith, Miststück. Ich kenne Deine Gedanken und Deine Ängste. Ja. Wein ruhig. Sei wütend. Zorn ist gut.“

Von der kauernden jungen Frau auf dem Teppich kamen nur noch bebende Schluchzgeräusche und ein leises Stammeln um Gnade.

„Ah. So gefällst Du mir, Kleine. Ganz die Mutter. Auch sie hat um Gnade gebettelt und nur allzu schnell zugestimmt Dich an mich für Deine Familie zu verkaufen. Genützt hat es ihr nichts. Ich hasse heulende Frauen.“

Ihr Kopf wird leicht angehoben nur um dann wieder mit einem harten Aufprall auf den Boden geschlagen zu werden. Tanynah dröhnte der Schmerz im Kopf nach und sie drohte das Bewusstsein zu verlieren.

Er hatte sie wirklich umgebracht. Der Mistkerl, der verschissene Mistkerl.

Ein dumpfes Lachen. „Oh ja, der Zorn gefällt mir. Und auch Dein Bruder hat es nicht bedauert, dass Du mit mir kamst. Schließlich konnte er dadurch seinen Arsch im Militär für das Imperium einsetzen. Ich frage mich wie aus solch einer Familie so ein Abschaum wie Du hervorkommen konnte.“

Tanynah erzitterte weiter, doch ihre Angst wandelte sich langsam aber sicher in Wut um. Heiße, brodelnde Wut. Ohne Ziel, ohne Verstand. Zorn gegen sich oder ihre Familie oder ihren Herrn.

Mit einem Mal wurde sie wieder am Hals hochgezogen und gegen die nächste Wand gedrückt. Ihr begannen die Sinne zu schwinden während ihre Füße über der Erde schwebten. Dunkel mit gelb funkelnden Augen näherte sich ihr Herr. Langsam wurde ihr schwarz vor Augen. Nur dumpf bekam sie ein surrendes Geräusch mit, dann mit einem Mal brannte ihr Gesicht lichterloh und trotz ihres vernebelten Zustands gellte ihr Schmerzensschrei durch den Raum. Ihr Herr beantwortete es mit einem schallenden Gelächter.

„Ja, schrei ruhig. Das wird Dich lehren mir nie…NIE wieder einen Handel zu versauen. Und falls doch, wird von Dir auch nicht mehr übrig sein als dieser Fleck.“

Erneut wurde ihr Körper von der Wand geholt und wieder fand sie sich mit dem Gesicht in den Teppich gedrückt wieder. Sie bekam gerade noch mit wie ihr Gesicht erneut entbrannte als sich der Flor und die Reste der Flüssigkeit in die große Brandwunde auf ihrem Gesicht drückten – dann schwanden ihr die Sinne vor Sauerstoffmangel und vor Schmerz.

***

Schnell verstaute sie den Spiegel wieder unter ihrem Kopfkissen. Sie atmete einige Male durch bis das Zittern ihr aus dem Körper wich. Warum wollte sie eigentlich hübsch aussehen? Interessierte doch eh niemandem. Sie war nur da um zu arbeiten, dafür brauchte sie kein gutes Aussehen. Vielleicht war es auch ganz gut, dass sie so verschandelt war, sonst würde sie jetzt irgendwo leichtbekleidet an einer Stange entlang schrubbeln oder noch viel Schlimmeres tun müssen. Nein, so war es schon besser. Wenn sie hart und penibel genug arbeitete war man mit ihr zufrieden. Lord Raluka war viel viel freundlicher als ihr ehemaliger Dienstherr. Jetzt durfte sie sogar eventuell im Labor mitarbeiten! Hoffentlich, würde dies klappen. Dann würde sie fragen ob sie eine Destillierapparatur aufbauen dürfte, denn nichts ist so gut wie selbstgebrannter Charbotewurzelschnaps. Sie griff unter ihre Matratze und holte eine kleine Flasche hervor in der einige Tropfen von Flüssigkeit schwappten. Die spärlichen Reste des Schnaps ihrer Großmutter. Irgendwas regte sich im Raum. Schnell stopfte sie die Flasche wieder an den Ort zurück und versteckte sich unter der Decke. Als alles still blieb, entspannte sie sich wieder, die Gedanken weit weg auf Corellia in einem kleinen Haus am Rande einiger Äcker und auf einem Raumschiff an einem unbekannten Ort. Dann fielen ihr die Augen durch die Anstrengung des Tages zu und sie ging die Wege an diese Orte im Traum…