Be the woman a woman needs.

Die Moral ist immer die letzte Zuflucht derer,
die Schönheit nicht begreifen.

 

Es fühlt sich immer mehr so an als würde sich die Lücke zwischen Aiden und mir weiter verschließen. Mittlerweile habe ich das Recht nahezu zu jeder Zeit in seinem Anwesen vorbei zu kommen und teilzunehmen an den alltäglichen Situationen, mit denen er konfrontiert wird. Meist halte ich mich dabei im Hintergrund, schaue nur zu wie er sich verhält und erfreue mich an seiner Anwesenheit. Sollte es sich tatsächlich geben, dass ich meinen weiteren Lebensweg an seiner Seite gehe, dann wird mir dieses hilfreich sein, denn dann weiß ich was es heißt in seinem Namen zu handeln in einer Art und Weise, welche ihm zusagt. Dennoch habe ich das Gefühl, dass er mir zwar vertraut aber sich mir nicht wirklich anvertraut. Vielleicht braucht dieses einfach noch mehr Zeit. Jedoch sehe ich in seinem Blick den Wunsch mir nahe zu sein.

Ich habe ihm jedoch verdeutlicht, dass unser Lebensweg sich nicht kreuzen kann bis sein Titel auch der Wahrheit entspricht. Ich unterstütze ihn auf dem Weg dahin aber bis dahin muss ich an mich selber denken und an meine Ehre, denn davon ist die Ehre und das Ansehen meiner Familie abhängig und diese steht für mich an höchster Stelle. Und es zeigt sich, dass es das Richtige wahr, dass ich darauf geachtet habe denn in Kürze wird mein Bruder nach Dolchsturz kommen. Ich habe ein wenig…nein, wen lüge ich hier an…große Sorge über seine Reaktion auf meine veränderten Lebensumstände. Es hat lange genug gedauert bis ich es über das Herz brachte meine Familie darüber zu unterrichten. Aber ich denke, Arashin wird nicht darauf vorbereitet sein wie schlicht mein Leben hier tatsächlich ist und wieviele Aufgaben einer einfachen armen Bürgerin ich alltäglich bewältigen muss zusätzlich zu meiner Hilfe in dem Waisenhaus von Madame Montieu. Nun, es hilft niemanden sich vor einer Situation bereits allzu stark den Kopf zu zerbrechen. Er wird es schon verkraften. Ich glaube jedoch auch Aiden hat Sorge über die Gespräche, die sie sicher führen werden. In meinen Augen ist mein Bruder bei meinem Alter und aufgrund meines Witwenstatus sicher nicht mehr zuständig für mich jedoch so wie ich Arashin kenne wird er anderer Meinung sein.

Des Weiteren habe ich Bekanntschaft mit einer Baronin in der Nähe von Dolchsturz gemacht. Das arme Mädchen sieht wohl erst in einigen Jahren ihren zwanzigsten Sommer und steht nun, da ihr Gatte in den Krieg gezogen ist, unerfahren wie sie ist samt Säugling einer Baronie vor, welche mehr provinziell ist und anscheinend in finanziellen Nöten ist. Sie ist sehr gläubig und göttergefällig was nach ihren eigenen Angaben wohl von ihren Untergebenen geschätzt wird. Besonderen Wert legt sie wohl auf den Rat eines Priesters welcher sich im Haushalt aufhält. Im Gegensatz dazu ist ihr Bruder zu finden, welcher als Kammerherr unter ihr dient. Er tritt in feinen Roben, geschliffenen Manieren und aalglattem Verhalten auf. Die Baronin, welche sich in der Tradition ihrer Heimat Kluftspitze als Baroness betitelt, erwähnt vielfältige Intrigen in ihrem Umfeld und ebenso war die Baronie vor kurzem von einer schlimmen Epidemie heimgesucht worden. Ebenso erwähnt sie, dass es vielfältige Bedrohungen ihres eigenen Lebens gegeben hatte jedoch der Täter anscheinend ausfindig gemacht werden konnte nachdem dieser versucht habe den Kammerherrn in seine Pläne einzuweihen und auf seine Seite zu ziehen. Nun ja, meine große Vermutung ist, dass eben dieser Kammerherr der Dreh und Angelpunkt all dieser Intrigen ist und die gottgefällige junge Baroness ihm, den weltgewandten Kapitalisten, ein Dorn im Auge ist. Ich werde Aiden von diesen Vermutungen berichten und ebenso, dass es wohl an der Zeit ist sich dort zu involvieren, um die Baronie als Freund und Geschäftspartner zu gewinnen und so einen Einfluss dort selbst ausüben zu können. Jedoch sollte vorher das Gespräch mit der Bardin Auenwind gesucht werden, denn ich denke, dass dieses mädchenhafte unschuldige Wesen alleine aufgrund ihres Verhaltens mehr Einblicke in die Vorgänge in die Baronie und das Wesen des Kammerherrn hat als sie es sich vielleicht selber eingestehen möchte. Ich habe der Baronin bereits meine Freundschaft und meinen Rat angeboten und es scheint, als wäre sie dankbar dafür. Ich kann nachvollziehen wie sie sich fühlt und auch wenn ich zu Beginn irritiert war von ihrem Auftreten und ihren widersprüchlichen Manieren, so habe ich nun doch Mitleid mit ihr, die dort alleine an der Spitze einer Baronie steht ohne eine entsprechende Ausbildung gehabt zu haben, die sie auf diese Position vorbereitet hat und ohne wirklich zu wissen, wem sie trauen kann. Ich denke, es tut ihr gute eine entsprechend ausgebildete sowie erfahrene Beraterin an ihrer Seite zu haben, die ihr einerseits die korrekten Verhaltensformen beibringt und ebenso ihr hilf ihren Blick zu schärfen um erkennen zu können, wer loyal hinter ihr steht und vor wem sie sich in Acht nehmen muss.

Ebenso großes Mitgefühl habe ich mit Ronyssa. Sie erhält weiterhin die Ausbildung durch Madame Battenard aber das Mädchen geht mehr und mehr an diesem Zwang zugrunde. Es ist nicht, dass sie nicht ein schneller und gewillter Lerner ist, es ist nur der Zwang und die Bedrohung, die ihr die Luft zum Atmen abschnürt. Sie ist immer mehr den Tränen nahe und sehr verschlossen. Es braucht nur Kleinigkeiten, die einen Zusammenbruch ihrerseits auslösen. Sie selbst denkt, dass sie nie mehr ihre Lebensfreude und ihr wahres Ich zurück erlangt aber ich weiß, dass sobald diese Situation ein Ende hat, wird auch Ronyssa sich wieder erholen. Und dann, einige Monate oder Jahre später wird sie erkennen, wie viel weiter sie die Zeit bei Madame Battenard und Monsieur Umbris weitergebracht hat. Sie hat ihr Wissen verbreitert über ein Maß, welches den meisten jungen Frauen in ihrem Alter völlig verschlossen ist, ihren Blick geschärft für die Vorgänge in der Gesellschaft sowie deren Abgründe und ihr Rückgrat mit Stahl umschlossen. Ich weiß, dass diese Zeit unter anderem dazu beitragen wird, dass sie ihren Lebensweg ohne Zweifel an sich selber und ihren Fähigkeiten gehen wird. Sie wird entscheiden, welchen Weg sie einschlagen wird und sollten auf diesem Weg Gehsteine fehlen, wird sie wissen wie diese zu legen sind oder die Lücken entschlossen übersteigen. Und ich werde, so ich als ihre Stiefmutter ihr Leben begleiten werde, dafür Sorge tragen, dass ihre Fähigkeiten, Fertigkeiten und ihr Geist weiter geschärft werden.